Wissenschafterin des Jahres 2019 - Immunisierung gegen „fake news“

Wissenschafterin des Jahres 2019 - Immunisierung gegen „fake news“

Die Zeithistorikerin Barbara Stelzl-Marx ist zur Wissenschafterin des Jahres 2019 gewählt worden. Der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zeichnete die Grazerin am 7. Jänner 2020 im Presseclub Concordia aus

In einer ersten Reaktion auf ihre Auszeichnung als Wissenschafterin des Jahres 2019 hat Barbara Stelzl-Marx sich beim Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten für die Anerkennung ihrer Arbeit bedankt und sich gleichzeitig eine Stärkung offener und außeruniversitärer Forschungsträger gewünscht: „Wir leben in einer Zeit, in der Fakten offenbar immer beliebiger und ‚fake news‘ in den sozialen Netzwerken immer relevanter werden. Wissenschaftskommunikation ist gefordert, dieser Entwicklung die Stirn engagiert und sachlich zu bieten und so zu einer gesellschaftlichen Immunisierung gegen ‚fake news‘ und ‚alternative facts‘ beizutragen.“

„Mir ist es immer wichtig, historische Thema möglichst vielschichtig zu betrachten und von einer Schwarz-Weiß-Zeichnung – etwa der Besatzungszeit in Österreich – wegzukommen. Für einen Perspektivenwechsel braucht es ein offenes Forschungsfeld, das wir an der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) als außeruniversitärem Forschungsträger vorfinden. Ich schätze diese tollen Rahmenbedingen sehr“, so Stelzl-Marx.

Es sei ein großes Privileg, als Wissenschafterin tätig sein zu können und gesellschaftspolitisch relevante Themen zu bearbeiten, so Stelzl-Marx weiter. Dank der Berichterstattung in den Medien würden aktuelle Forschungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Wissenschaft müsse daher auch aktiv den Dialog mit den Medien und der breiten Öffentlichkeit suchen. „Ich danke herzlich für die gute Zusammenarbeit mit den Medien und diese hohe Auszeichnung, die ich für das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung und die Uni Graz entgegennehmen darf.“

Barbara Stelzl-Marx:

Barbara Stelzl-Marx ist seit 1993 am Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung, seit 2018 als Institutsleiterin und seit 2019 als Professorin für europäische Zeitgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz tätig. Außerdem ist sie Vizepräsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission. Die Grazerin studierte Geschichte, Anglistik und Slawistik in Graz, Oxford, Moskau, Wolgograd und in Stanford. 1998 promovierte sie über „Amerikanische und sowjetische Kriegsgefangene in deutscher Hand. Fakten und Fiktion einer Extremsituation“. 2010 habilitierte sie sich an der Uni Graz zu „Stalins Soldaten in Österreich. Die Innensicht der sowjetischen Besatzung“. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte sind Kinder des Krieges, Stalins Propaganda für sowjetische „Displaced Persons“, Kalter Krieg, Migration sowie Erinnern, Gedenken und Musealisieren.

Nicht zuletzt durch ihre Forschung zu Besatzungskindern in Österreich hat Barbara Stelzl-Marx viele Menschen berührt und für eine Enttabuisierung im öffentlichen Diskurs gesorgt. Auch die im Zwangsarbeiterlager Liebenau/Graz in den letzten Kriegswochen 1945 verübten Verbrechen sind dank ihrer umfangreichen Forschungs- und Vermittlungsarbeit heute fest im kollektiven Gedächtnis verankert.

Nun wurde Stelzl-Marx vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zur Wissenschafterin des Jahres 2019 gewählt und am 7. Jänner 2020 im Presseclub Concordia ausgezeichnet. Die Auszeichnung wird jährlich an jene Forscherinnen und Forscher verliehen, die ihre Forschungsarbeit einer breiten Öffentlichkeit verständlich machen und damit das Image der österreichischen Forschung heben.

Das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung:

Das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung (BIK) forscht zu Auswirkungen und Folgen von Kriegen und Konflikten im weitesten Sinne. Dazu zählen politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche, soziale, humanitäre und kulturelle Folgen. Am Institut läuft eine Fülle an Projekten zu den Programmlinien Weltkriege, Kalter Krieg, Kinder des Krieges und Migration. Neben der Forschungs- und Publikationstätigkeiten führt das BIK zahlreiche wissenschaftliche Veranstaltungen durch, konzipiert große Ausstellungen und bietet Angehörigen die Möglichkeit, Nachforschungen zu Kriegsgefangenen, Vermissten und Zwangsarbeitern des Zweiten Weltkriegs durchzuführen.

Das Institut wurde 1993 von Stefan Karner gegründet, der dieses bis Februar 2018 leitete. Barbara Stelzl-Marx, bereits seit 2001 stellvertretende Leiterin, übernahm im März 2018 (zunächst interimistisch) die Institutsleitung. Der Hauptsitz des Instituts befindet sich an der Universität Graz mit Zweigstellen in Wien und Raabs an der Thaya. Am Institut sind derzeit 15 MitarbeiterInnen tätig.

Das BIK ist ein Institut der Ludwig Boltzmann Gesellschaft. Seine Partner sind die Karl-Franzens-Universität Graz und die Stadt Graz. Unterstützer des Instituts sind u. a. die Landesregierungen von Niederösterreich und der Steiermark, das Bundesminsterium für Europa, Integration und Äußeres und die Europäische Union. Das Institut verfügt über ein großes Netzwerk internationaler Kooperationen, darunter etwa die Harvard University oder die Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftliche Universität in Moskau.

Ludwig Boltzmann Gesellschaft:

Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) wurde 1960 gegründet und ist eine Forschungseinrichtung mit Schwerpunkten in der Medizin und den Life Sciences sowie den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Die LBG stößt gezielt neue Forschungsthemen in Österreich an und betreibt zusammen mit akademischen und anwendenden Partnern aktuell 19 Ludwig Boltzmann Institute. Gesellschaftlich relevante Herausforderungen, zu deren Bewältigung Forschung einen Beitrag leisten kann, sollen frühzeitig erkannt und aufgegriffen werden. Dazu entwickelt und erprobt die LBG neue Formen der Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft und nicht-wissenschaftlichen AkteurInnen wie Unternehmen, dem öffentlichen Sektor und der Zivilgesellschaft. Teil der LBG sind das LBG Open Innovation in Science Center, das das Potenzial von Open Innovation für die Wissenschaft erschließt, und das LBG Career Center, das 250 PhD-StudentInnen und Postdocs in der LBG betreut. In der Ludwig Boltzmann Gesellschaft sind insgesamt 550 MitarbeiterInnen beschäftigt.

Quelle: Univ.-Prof. Dr. Barbara Stelzl-Marx Institutsleiterin Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung, Barbara Konturek, MA Öffentlichkeitsarbeit Ludwig Boltzmann Gesellschaft / ots  //  Fotocredit: Foto Furgler

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