(CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE: JOJO GRONOSTAY mit MAGIC CANNOT CROSS THE SEA im MAK Geymüllerschlössel

(CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE: JOJO GRONOSTAY mit MAGIC CANNOT CROSS THE SEA im MAK Geymüllerschlössel

Jojo Gronostay, Still aus der Video-Installation "MAGIC CANNOT CROSS THE SEA", 2022

Als dritte Position im Rahmen der Reihe „(Con)temporary Fashion Showcase“ bespielt Jojo Gronostay das MAK Geymüllerschlössel mit einer künstlerischen Arbeit zu den sogenannten Sapeurs von Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo. Die Sapeurs, meist Männer aus prekären Verhältnissen, deren Fetisch für Markenmode eine spirituelle Dimension angenommen hat, inszenieren sich dandyhaft in kostspieligen Anzügen und machen die Straßen mit performativen Bewegungen zu ihrem Laufsteg. In seiner Videoinstallation „MAGIC CANNOT CROSS THE SEA“ (MAK Geymüllerschlössel, 3. September − 4. Dezember 2022) kontextualisiert Gronostay Videoaufnahmen der Sapeurs mit musealen Bekleidungsobjekten und thematisiert damit das eurozentristische Verständnis von Mode, mit dem Kostümsammlungen klassischer kunstgewerblicher Museen angelegt wurden.

Die Installation wird gebildet von fünf hochformatigen Screens, auf denen 2022 in Brazzaville entstandene Aufnahmen gezeigt werden. In 25-minütigen Loops überblendet Jojo Gronostay die Videos mit vestimentären Objektfotografien aus Sammlungen internationaler Museen wie dem V&A, London, dem Metropolitan Museum of Art, New York, und dem MAK. Begleitet wird die Videoinstallation von einer atmosphärisch an das Geymüllerschlössel angepassten Tonspur von Sofie Fatouretchi.

Charakteristisch für die Sapeurs sind farbenfrohe und kontrastreiche Outfits und deren überzeichnete, choreografiert wirkende Präsentation. Mehrere Monatsgehälter sollen die Sapeurs für ihre luxuriöse Selbstinszenierung aufwenden, neben eleganten Designeranzügen tragen sie auch passende Accessoires wie Spazierstöcke oder Zigarren. Visuell erinnern sie nicht nur an Dandys und Gentlemen des frühen 20. Jahrhunderts, sie knüpfen auch unverkennbar an die Welt des von Schwarzen Musiker*innen geprägten Jazz an.

Neben Brazzaville ist auch die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, Kinshasa, die von Brazzaville durch den Fluss Kongo getrennt wird, als zweites Zentrum der Sapeurs bekannt. Ab den 1970ern entwickelte sich dort eine ähnliche Szene, die als Antwort auf die antiwestliche Bekleidungspolitik von Präsident Mobutu interpretiert wird. Mittlerweile werden Satelliten der Bewegung auch in der kongolesischen Diaspora in Paris und Brüssel sowie außerdem in Marokko verortet, und die Swenka-Bewegung in Südafrika wird dem Phänomen teils zugerechnet.

Die Ursprünge dieses beispielsweise durch eine Werbung von Guinness (2014) oder Musikvideos z. B. von Solange oder Kendrick Lamar international thematisierten Street-Style-Phänomens reichen bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück und werden als bewusste Reflexion auf die Kleidung der (belgischen und französischen) Kolonialherren verstanden. Als eindeutige visuelle Referenz dienten die Sapeurs unter anderem auch dem britischen Designer Paul Smith für seine „Ready to Wear“-Kollektion für Frauen Spring Summer 2010.

Mit der Bildsprache der Arbeit „MAGIC CANNOT CROSS THE SEA“, die in ihren ins Bildnegativ umgekehrten Schwarz-Weiß-Kontrasten nicht nur an Geister, sondern auch an gejagte Subjekte denken lässt, betont Gronostay die Exotisierung der Sapeurs, die in der Wahrnehmung durch Europäer*innen und Amerikaner*innen deutlich wird. Die Überblendung mit Kleidungsstücken aus musealen Sammlungen und der Kontrast zwischen „toten“ Museumsobjekten und performativ getragener „lebendiger“ Kleidung unterstreicht explizit die Frage nach einer Objektifizierung der Sapeurs.

Jojo Gronostay (*1988 in Hamburg, Deutschland) lebt und arbeitet in Wien. Identität und deren Repräsentation, ökonomische Kreisläufe sowie politische und wirtschaftliche Interdependenzen zwischen Europa und Afrika stehen im Fokus seines künstlerischen Schaffens und seines an der Schnittstelle von Mode und Kunst angelegten Labels DWMC (Dead White Men’s Clothes), mit dem er auch in der MAK Sammlung vertreten ist. Gronostay studierte Kunst an der Akademie der bildenden Künste in Wien und an der École nationale supérieure des Beaux-Arts de Paris. Seine Arbeiten sind in den Sammlungen des mumok Wien, des Museums der Moderne Salzburg und des GRASSI Museums Leipzig vertreten. Zu seinen jüngsten Einzelausstellungen zählt „RECREATION“ in der Galerie Hubert Winter in Wien (2022).

Anlässlich der Ausstellungseröffnung „(Con)temporary Fashion Showcase: Jojo Gronostay“ am 3. September 2022 zeigt das MAK in Kooperation mit dem Tanzquartier Wien bei Schönwetter im Garten des Geymüllerschlössels eine Performance der Tänzerin und Choreografin Camilla Schielin, die sich in ihrer Arbeit häufig mit der geisterhaften Wiederkehr und dem Fortbestehen von Vergangenem beschäftigt. In ihrer Performance setzt sie sich mit popkulturellem Bewegungsmaterial, im Speziellen Post-Internet-Tänzen, auseinander und bewegt sich im Spannungsfeld von Aktivität und Passivität, leserlicher Geste und Andeutung sowie Besetzen und Besessensein. Durch das Outfit von Gronostays Label DWMC wird die Performance gleichsam zu einer Art Fashionshow.

Die Ausstellung "(Con)temporary Fashion Showcase: Jojo Gronostay" bildet nach "(Con)temporary Fashion Showcase: Julia Koerner" (7. Mai – 5. Juni 2022) und "(Con)temporary Fashion Showcase: Susanne Bisovsky" (11. Juni – 28. August 2022) den Abschluss der Saison im MAK Geymüllerschlössel.


Ausstellungsort
MAK Geymüllerschlössel
Pötzleinsdorfer Straße 102, 1180 Wien

Ausstellungsdauer
3. September − 4. Dezember 2022

Öffnungszeiten
jeweils samstags und sonntags, 10–18 Uhr
am Eröffnungstag geöffnet bis 20 Uhr (Park bis 21 Uhr)

Kuratorin
Lara Steinhäußer, Kustodin MAK Sammlung Textilien und Teppiche

Eintritt
€ 7
Eintritt frei für Kinder und Jugendliche unter 19
Eintritt frei mit MAK Jahreskarte


Quelle: Judith Anna Schwarz-Jungmann (Leitung), ots  // Fotocredit: © Jojo Gronostay

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