Ur-Handgranate der Terroristen in Gmunden entdeckt
Das Eisen-Ei sieht aus wie eine faustgroße Seemine, derzeit sollte man eigentlich sagen, wie ein überdimensionales Corona-Virus. Das Ding löste im Februar einen Tag helle Aufregung im K-Hof Kammerhof Museum aus, denn dessen Leiter Dr. Johannes Weidinger (Foto) hatte es beim Sichten von Sammlungsbeständen auf dem Dachboden des Pepöck-Hauses entdeckt und zu recht Explosives vermutet.
Stadtpolizei, Bundespolizei Gmunden und Linz und Salzburger Entminungs-Experten des Bundesheeres inspizierten nacheinander das Ei. Es war schlussendlich der Spezialist des Heeres, der es identifizierte, mitnahm, prüfte und nach ein paar Wochen zurückbrachte. So ein Objekt sei ihm in 30 Jahren nicht untergekommen, das sei wohl "ein ganz seltenes Stück für‘s Museum", meinte er. Und es sei harmlos, weil leer.
Der Zufallsfund entpuppte sich als sogenannte Orsini-Bombe, eine Frühform heutiger Handgranaten, wie sie vor allem europäische Anarchisten und Terroristen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder einsetzten. Felice Orsini, ein italienischer Revolutionär und Terrorist, hatte den Sprengkörper Ende 1857 entwickelt - und selber als erster eingesetzt. Er und Komplizen warfen am 14. Januar 1858 drei dieser Handgranaten auf Kaiser Napoleon III., als dieser gerade zur Oper unterwegs war. Napoleon und seine Frau blieben unverletzt, aber es gab 8 Tote und 142 Verletzte, unter ihnen Orsini selbst. Funde belegen, dass die Konföderierten auch während des amerikanischen Bürgerkrieges derartige Bomben einsetzten.
Wie funktionierte die Granate? Jeder der Stacheln enthielt Knall-Quecksilber (Quecksilber-Fulminat / Hg(CNO)2), das bei einem Aufprall eine Initialzündung auslöste und das Schwarzpulver im Bauch der Bombe zur Detonation brachte.
Außer der Gmundner Orsini-Bombe, von der man laut Prägung nur weiß, dass sie 1864 gebaut wurde, existiert in Österreich nur noch ein zweites Stück. Dieses stammt aus einer Sammlung von Kaiser Franz Joseph I. und ist im Kunsthistorischen Museum in Wien ausgestellt.
Apropos ausgestellt: Der K-Hof wird die Kuriositäten-Vitrine im Foyer des 1. Stocks mit der Orsini-Bombe bestücken.
Quelle/Fotocredit©: Stadtgemeinde Gmunden (Abdruck honorarfrei)